Mit dem Text spielen, das ist für manche eine etwas heikle Sache, zumal wenn der Spielgefährte mit dem Label „heiliger Text“ einherkommt. Doch so manchesmal wird dann auch ein „heiliges“ Spiel daraus, mit faszinierenden neuen Perspektiven. Zum Beispiel in Mt 5,38-48, der sogenannten fünften und sechsten „Antithese“. Eigentlich liegt ein stringenter linearer Ablauf der Argumentation vor, eben von der fünften zur sechsten These. Welche Überraschung, auch hier kann man spielen! Zum Beispiel das beliebte Spiel „verkehrte Welt“, in dem man den Text von hinten nach vorne liest. Es kommt ein erstaunlich stimmiger (neuer?) Text heraus; die Argumentation läuft anscheinend genau so gut von hinten nach vorne, wie von vorne nach hinten! Eine wahrlich abgerundete Argumentation!
Seid also [xxx], wie euer himmlischer Vater [xxx] ist.
Bietet ihr den Friedensgruß euren Brüdern nur – was tut ihr über Maß?
Tun nicht auch die aus den Völkern dasselbe?
Denn: Liebt ihr die euch Liebenden – welchen Lohn habt ihr?
Tun das nicht auch die Zöllner?
So werdet ihr Söhne eures Vaters – dem in den Himmeln:
Er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten
und regnen auf Gerechte und Ungerechte.
Ihr habt gehört, dass gesagt ward:
Liebe deinen Nächsten!
Und: Hasse deinen Feind!
Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde,
und betet für die, die hinter euch her sind.
Wer dich bittet – dem gib. Wer von dir borgen will – den weise nicht ab!
Und wer dich zu einer Meile zwingt − mit dem gehe zwei!
Und wer dich gerichtlich belangen und dir den Leibrock nehmen will
– ihm lass auch das Obergewand
Ihr habt gehört, dass gesagt ward:
Auge um Auge und Zahn um Zahn.
Ich aber sage euch:
Dem Bösen nicht [auf diese Weise] widerstehen !
Sondern:
Wer dich auf die rechte Backe schlägt – wende ihm auch die andere zu!
