Warum der Heilige Geist turtelt …

B-L-O-K aktuell

Die Taube als Botin der (göttlichen) Liebe

Zu Mt 3,16; Mk 1,10 und Lk 3,22

Es gibt schönere Vögel als Tauben und solche, mit denen wir mehr verbinden, zum Beispiel mit dem Adler oder dem Falken. Warum ist in der christlichen Kunst der Heilige Geist immer mit der Taube verbunden? In den Verkündigungsszenen, bei der Taufe Jesu, auf Pfingstbildern?

Die biblische Pfingsterzählung in der Apostelgeschichte spricht nur von „Zungen wie von Feuer“, auch bei der Ankündigung der Geburt Jesu erzählt die Bibel nichts von einem Vogel; den fügen erst die Künstler über dem Kopf der Maria ein, weil „Geist“ sich schlecht malen lässt. Während der Taufe Jesu im Jordan „sieht“ Jesus jedoch „eine Taube von oben kommend“ und „hört“ die Zusage: „Du bist mein geliebter Sohn.“ Das ist eine heiße Spur: Es geht um die Liebe!In der Taube wird Gottes Liebe anschaulich.

Auf Hochzeitskarten wird oft eine Taube mit einem Herz im Schnabel oder ein schnäbelndes Vogelpaar abgebildet. Brautpaare lassen bei der Hochzeitsfeier weiße Tauben aufsteigen. Die Taube ist das Tier der Liebe, der Zuneigung, des glücklichen Anfangs.

Weder das Christentum noch die Hochzeitsmode haben den Zusammenhang von Taube und Liebe geschaffen. Die Taube ist schon im Alten Orient das Begleittier der Liebesgöttin Astarte, entsprechende Abbildungen reichen über 4000 Jahre zurück. Der Brauch geht auf die griechische Göttin Aphrodite und die römische Venus über. Die Tauben werden zu Liebesbotinnen.

Im alttestamentlichen Hohenlied der Liebe bewundert der Freud seine Freundin mit den Worten „Wie schön du bist! Wie schön du bist! Meine Freundin! Deine Augen, deine Blicke sind Tauben.“ (Hld 4,1) Er beschreibt nicht die Augen der Geliebten, sondern begreift, dass seine Freundin ihn liebend und werbend anschaut, und er erwidert diese Liebe.

Wer denkt beim Anschauen des Taubenfensters von Giovanni Lorenzo Bernini im Petersdom an solche Zusammenhänge? Das Fenster ist über der Kathedra des Petrus, dem Symbol für die Lehr- und Leitungsaufgabe des Papstes angebracht. In diesem Zusammenhang lässt sich das Symbol der Taube leicht missverstehen. Gottes Geist ist Liebe, keine Absicherung einer Hierarchie „von oben“, kein Bollwerk gegen Veränderungen einer vermeintlich fest gefügten Tradition. Jedes kirchliche Amt ist Zeugnis der Liebe des Schöpfer-Geistes, oder es verfehlt seinen Sinn.

Denn immer steht die Taube als Symbol des göttlichen Geistes für Leben und Aufbruch – bei der völlig überraschten Maria, bei Jesus, der in die Öffentlichkeit tritt, bei den verschüchterten Jüngerinnen und Jüngern in Jerusalem, denen die Auferstehungsbotschaft noch nicht so recht auf die Beine geholfen hat.

Immer ist die Taube Zeichen einer Liebe, die –völlig unerwartet – Herzen bewegt und Türen öffnet, einer Liebe, die Neues wachsen lässt, wenn das Alte verstaubt, vertrocknet und vermodert ist, wenn Menschen verzagen und mit ihren Möglichkeiten am Ende sind. Immer steht die Taube für das Wunder der Verwandlung, wenn der Himmel die Erde berührt und sie neu wird.

Mit dem Römerbrief des Paulus kurz zusammengefasst: „Gottes Liebe ist ausgegossen in unsere Herzen durch heiligen Geist.“ (Röm5,5)

Prof. Dr. Georg Steins, Universität Osnabrück

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