Die große Geschichte in Kürze

zur Bibel allgemein

Es war einmal ein Menschenkind, das in der Nacht gerufen wurde: „Mach dich auf den Weg in das Land, das ich dir zeigen werde.“ War es die Stimme eines Gottes? Die Stimme schien vertraut wie die eines Freundes. Lauter als die Stimme eines Vaters, aber auch dunkel wie die Nacht, geheimnisvoll. „Wer ist es, der mich gerufen hat? Wer bist du, Unsichtbarer?“

Das ist die Geschichte des Menschen, der sich gläubig auf den Weg machte, nicht wissend, wohin er kommen werde. Immer gab es neue Horizonte. Nach langem Umherziehen kam er zu einem großen Baum. Die Blätter rauschten im Wind. Er setzte sich mit dem Rücken gegen den alten Baum. Als er die Augen schloß und auf das Rauschen der Blätter im Abendwind lauschte, sah er einen großen Garten. Bäume standen da groß und gewaltig, Blumen blühten zu tausenden, Bäche strömten und die Tiere taten einander kein Leid an. Alles lebte nach seiner. Art. Und er sah Menschen. Die durften für den Garten und füreinander sorgen. Alles war gut.

„Ist dies das Land, das ich gesucht habe?“, dachte er. Da wurde er wach. Rundherum sah er die kahlen Hügel und über seinem Kopf den großen Baum. Er dachte: „Sind die Menschen wohl gut genug, um für diesen Garten zu sorgen? Wir tun doch zuviel Böses!“ Nie vergaß er aber den Traum vom Garten Gottes. Er suchte diesen Garten in dem Land, in das er gekommen war. Aber es hing nicht von dem Land, sondern von den Menschen ab, ob der Traum einmal wahr werden würde.

Er blieb dort und wohnte in Zelten. Aber zuerst kämpfte er gegen die Menschen, die schon lange dort wohnten, gegen ihre hohen Mauern und ihre starken Städte. Er hatte eine Kraft, die sie nicht kannten, und sie erzitterten vor ihm. Bis er König wurde in diesem Land. Da baute er selbst eine Stadt mit einer hohen Mauer rundherum. Er wurde mächtig und reich. Er hatte viele Soldaten. Als er älter und weiser wurde, begann er aufzuschreiben, was er von früher wußte: die Geschichte von dem Garten und dem Königreich und was die Mensdıen tun müßten, um daraus ein Land Gottes zu machen. Auch baute er ein großes Haus für seinen Gott.

Aber dann ist es anders gekommen, als er erwartet hatte. Es kamen fremde Völker. Sie durchbrachen die hohen Mauern der Stadt. Er wurde aus seinem Palast vertrieben. Für ihn gab es keine Pferde mehr, keine Streitwagen und Posaunen. Er hatte schließlich nur noch einen Esel zum Reiten, geradeso wie ein einfacher Mann. Er lebte jetzt bei den Armen. Viele kranke und armselige Menschen gab es um ihn her, und er gab ihnen seine Kraft. Ein eigenes Haus hatte er nicht mehr. Er wanderte umher wie einst vor langer Zeit, aber jetzt blieb er bei den Menschen.

Er gehörte zu ihnen. Sogar mit schlechten Menschen ging er um und aß mit ihnen zusammen. Sein Leben wollte er für sie hingeben. Er starb auch mit ihnen zusammen. Und unmittelbar vor seinem Tod sagte er: „Heute wirst du bei mir sein im Garten Gottes!“

Johanna L. Klink, Der kleine Mensch und das große Buch. Ist die Bibel ein Buch für Kinder? Düsseldorf 1978, 19